Von Natur aus
unvergleichbar.

Mehlschwitze

Störe ihre Kreise nicht!

Eine perfekte Mehlschwitze gelingt nur, wenn der Schneebesen nicht still steht. Da heißt es rühren, rühren, rühren: mal wenige Minuten, mal bis zu einer halben Stunde. Die heiße Diva liebt es, ganz im Mittelpunkt zu stehen und duldet keine Ablenkung. Schon gar nicht beim Ablöschen, wenn Heiß und Kalt zusammen kommen und feinste Soßen auf dem Spiel stehen. Auf Nachlässigkeit oder gar Fehler reagiert die Sämige hoch empfindlich. Und verklumpt.

Als Primadonna der feinen Küche hat sie natürlich mehrere Namen – auch wenn die nicht annähernd ihr heikles Wesen umschreiben. Dazu gehören Einbrenne, Schwitzmehl oder Brenne, am klangvollsten gibt sich noch das französische Roux. Je nach ihrem Bräunungsgrad spricht man von weißer, blonder oder brauner Mehlschwitze, wobei die Zeit über die gewünschte Couleur entscheidet: Die Roux wird umso dunkler, je länger sie Hitze bekommt. Einen attraktiven Rostton gibt es nach zirka zehn Minuten, tief braun zeigt sich die heiß Umsorgte nach einer halben Stunde.

Bis dahin hat der Schneebesen schon etliche Kreise in der Pfanne gezogen und der Unterarm meckert sicher schon vor sich hin. Ganz anders die Gäste und Genießer, die schließlich das vollendete Werk auf dem Teller haben: Wer einmal Sauerbraten, Linsen, saure Kutteln oder Ochsenschwanzsuppe gekostet hat, die mit brauner Roux zubereitet wurden, schweigt und schlemmt.

Außer Geduld und dem richtigen Schwung braucht es für das Gelingen einer Roux eigentlich nur Fett und Mehl. Welches Fett, das hängt vom gewünschten Aroma und dem geplanten Essen ab. Zu einer weißen Mehlschwitze nimmt man oft Butter, weil sie ein feines Aroma entwickelt, das sich später auch in der Soße entfaltet. Man denke an Sauce Béchamel oder sanft abgebundenes Gemüse. Da Butter aber höhere Temperaturen nicht aushält, greifen Kennerin und Kenner für blonde und braune Roux zu Schmalz oder Pflanzenfett. Darin kann das Mehl bräunen, ohne dass das Fett verbrennt oder sich als Rauch verzieht.

Wenn es also zur Sache geht, stehen folgende Schritte an: Das Fett wird in Topf oder Pfanne zerlassen, dann kommt das Mehl hinzu und wird unter ständigem Rühren erhitzt, sprich angeschwitzt. Der perfekte Moment ist gekommen, wenn die Mehlschwitze die gewünschte Farbe zeigt. Dann löscht man sie mit kalter Flüssigkeit wie Brühe, Fond oder Wasser ab. – Die werden ganz langsam hinzugegeben, während der Schneebesen weiter tanzt. So bindet die heikle Diva jeden noch so flüchtigen Kandidaten: Eine Liaison, aus der im Idealfall köstliche Soßen hervorgehen, die aber leider auch immer mal schief geht.

Wenn die Vereinigung nicht klappt, bleibt nichts als schnöde Klumpen. Da hilft dann nur ein Neuanfang – den mutige Köche natürlich nicht scheuen. Denn selbst wenn die Primadonna sich hin und wieder unberechenbar zeigt, so lohnt es sich doch, selbst Hand anzulegen und nicht zu Fertigprodukten zu greifen.